Vor drei Jahren konnte das Freilichtlabor Lauresham (Teil des UNESCO-Welterbes Kloster Lorsch und der Staatlichen Schlösser und Gärten Hessen) zusammen mit der Stadt Lorsch und vielen Lorscher Unternehmen wie Förstern, Landwirten, Einzelhändlern und Gastronomen durch einen Wettbewerb der Metropolregion Rhein-Neckar ein Projekt ins Leben rufen: „WIR in Lorsch“. Die Buchstaben „WIR“ stehen dabei für folgendes:
W steht für „Wertschätzung“ – für die Region und ihre Menschen,
I für „innovative Landnutzung“ und
R für „Regionalität“.
Dahinter steht die Beobachtung, dass in unserer stark verstädterten und industrialisierten Region viele grundlegende Zusammenhänge in der Lebensmittelproduktion buchstäblich verloren gegangen sind. Viele Menschen wissen nicht mehr, woher ihre Lebensmittel kommen, und ein Großteil der in der Kleinstadt Lorsch produzierten Lebensmittel wird nicht dort verzehrt. Sie werden für den „Weltmarkt“ produziert und finden keine Wertschöpfung in der Gemeinde selbst. Dazu kommt, dass die regionale und lokale Infrastruktur nach und nach zusammengebrochen ist. Es fehlt an lokalen Verarbeitungsmöglichkeiten für Lebensmittel: Oft müssen die Produkte viele Kilometer transportiert werden, bevor sie überhaupt verarbeitet werden können.

Mit dem Projekt „Wir in Lorsch“ wollten wir neue Impulse setzen und eine regionale Wertschöpfungskette reaktivieren, stärken oder sogar neu schaffen. Mit den Projektmitteln haben wir unter anderem den „Lorscher Acker für die Vielfalt“ angelegt, auf dem in Zusammenarbeit mit lokalen Landwirten Getreide ohne den Einsatz von Pestiziden und teilweise mit tierischer Zugkraft erzeugt wird. Das Getreide wird schließlich zu Brot verarbeitet und in lokalen Bäckereien verkauft. So wurde etwa Vollkornmehl hergestellt, das in einer regionalen Mühle gemahlen und dann in zwei lokalen Geschäften verkauft wurde. Und die Reaktion der lokalen Bevölkerung fiel sehr positiv aus!
Darüber hinaus haben wir den „Lehr- und Versuchsacker für tierische Zugkraft“ angelegt, auf dem wir die Bedeutung von Zugtieren im 21. Jahrhundert verdeutlichen und auch sichtbar Lebensmittel für die Lorscher Bevölkerung produzieren wollen. Das Feld liegt an einem vielbefahrenen Radweg und wird von Fußgängern und Radfahrern stark frequentiert. Die Gemüsekulturen werden ausschließlich von Hand und mit tierischer Zugkraft angebaut und direkt neben dem Feld oder auf dem örtlichen Wochenmarkt gegen Spenden verkauft.

Einblicke in den Kartoffelanbau
Im Jahr 2024 wurde der Kartoffelanbau des „WIR in Lorsch“-Projekts im Rahmen eines anderen Projekts, nämlich „A Year On The Field“ oder zu deutsch „Ein Jahr auf dem Feld“ ausführlich dokumentiert. Das „A Year On The Field“-Projekt geht ebenfalls auf eine Initiative des Freilichtlabors Lauresham zurück und will Wissen über Anbau und Kulturgeschichte von verschiedenen Feldfrüchten sammeln und archivieren. Dabei steht jedes Jahr eine andere Pflanze im Vordergrund und im Jahr 2024 war es die Kartoffel.
„WIR in Lorsch“ hat sich in diesem Jahr für den Anbau von insgesamt 10 alten und modernen Kartoffelsorten entschieden, nämlich Gunda, Charlotte, Siglinde, Adretta, Violetta, Linda, Laura, Agria, King Edward und Blaue Anneliese. King Edward ist eine der sehr alten Sorten, stammt aus England und wird seit 1902 angebaut.

Nachdem das Feld im Frühjahr gepflügt worden war, wurden die Saatfurchen im April mit einer Einachsmaschine mit einem deutschen „Köckerling“-Kombigerät aus den 1950er Jahren angelegt. Anschließend wurden die Kartoffeln von Hand gepflanzt. Die Saatfurchen wurden dann mit einem Häufelpflug geschlossen.




Text erstellt von:
Claus Kropp, Initiator des Projekts WIR in Lorsch und Leiter des Freilichtlabors Lauresham.
Hier geht es zur Website des „A Year On The Field“-Projektes: https://www.yearonthefield.net/